Jazz im Downloadzeitalter
Nun ja, just for the record, ein Interview in der SZ mit dem ACT-Labelchef Siegfried Loch über die Veränderungen und Chancen der Musikindustrie, gerade in Bezug auf das Nischenprogramm Jazz und zu neuen Geschäftsmodellen in der Musikindustrie:
Welche Chance hat Jazz, im Download-Zeitalter zu überstehen, und wie steht es um das geistige Eigentum? Ein Interview mit Siegfried Loch über Leben und Sterben der Musikindustrie.
darin
SZ: Welche Chance hat der Jazz, im Download-Zeitalter zu bestehen?
Loch: Musiker, die von ihrer Musik leben wollen, brauchen ein Publikum, das bereit ist, dafür zu zahlen. Wenn ich die Idee suggeriere, dass Musik an sich frei zu haben, also das erste wirklich sozialistische Produkt ist, wird man keine Existenzen darauf aufbauen können. […]
SZ: Also kommen dunkle Zeiten?
Loch: Die Leute, die meinen, dass diese Entwicklung [= dieser ganze Internet-Kram, MK] ein Segen für die unabhängigen Firmen sei, die sind, tut mir leid, Schwachköpfe. Mit dem Wegfall der Infrastruktur für den Tonträgerhandel sind die ersten, die ins Gras beißen, die Indepedents.
Ach ja? Das sehen viele, u.a. Gerd Leonhard, aber ganz anders. Und ob Jazzmusiker eine Existenz auf dem Verkauf von “Tonträgern” aufbauen können möchte ich doch hinterfragen. Die Geschichte vieler Jazzmusiker und ihrer Label ist zudem ein ganz trauriges Thema, das mag für ACT oder ECM nicht gelten, aber nur wenige Jazzer gingen reich ins Grab …
Interessant ist hier aber, dass Loch die Erlösströme fast ausschließlich auf den Verkauf von Tonträgern reduziert. Das mag aus seiner Sicht stimmig sein, ist aber unvollständig, siehe u.a. die alternativen Erlösmixe, die bspw. Einnahmen aus Merchandising und Liveauftritten stärker einbauen.
Bezeichnend dann ja auch, dass Loch das Ende der herkömmlichen Musikindustrie sieht:
Für mich steht fest: Wenn nicht die Rechtslage zum Schutz des geistigen Eigentums massiv verbessert wird und darüber hinaus das geistige Eigentum verantwortlich als wichtiges Erbe unserer Kultur vermittelt und in den Köpfen der Menschen wieder verankert wird, dann wird es die herkömmliche Musikindustrie bald nicht mehr geben.
Richtig, die Betonung müsste aber auf “herkömmlich” liegen, Labels und Musiker, die das Internet verstanden haben und ihre Geschäftsmodelle entsprechend anpassen wird es weiterhin geben … genauso wie den Jazz.
Loch meint vielleicht das die sog. “Intermediaries” wie die Labels frueher mal bezeichnet wurden zuerst ins Gras beisen – nicht aber die Creators. Das ist sicher. Imho. The MUSIC INDUSTRY can be bigger than ever before – it’s just the RECORD INDUSTRY that is going the way of the dinosaur.
Sehe ich genauso, und das ist vielleicht nicht das schlechteste Resultat, siehe die teils dunkle Geschichte von Label-Künstler-Relationen – remember TAFKAP 😉
Da
– das Interesse an Musik IMHO weiter zunimmt (durch die alternativen Distributionskanäle, die auch Leute ansprechen und erreichen die vom Mainstream genug haben)
– der Long Tail auch Teil der Musikwirtschaft ist
– das Internet neue Erlösmöglichkeiten (bspw. wenn Konzerte online übertragen werden …) schafft
kann die Musikwirtschaft (im weiten Sinne verstanden) doch eher profitieren. Das sieht Loch als Kind des alten Regimes aber nicht, nun ja er steht auf der falschen Seite …